gehörte auch der „ehrenvolle“ Knochenjob des Schnee schiebens im offenen Trecker zu den Aufgaben der beiden. „Der eine Trecker hatte vielleicht ein ungünstiges Kurvenverhal- ten“, erinnert sich Karl-Heinz Clausen an eine Begebenheit, bei der ein Kollege im Hermesweg mit dem Gefährt in eine große Schneeverwehung geriet, sich festfuhr und dann rückwärts in der Sandkiste landete. Bis der Fahrer aus dem hochkant stehen- den Trecker geborgen war, dauerte es eine Weile, sehr zur Belu- stigung der feixenden Zaungäste an den Fenstern. Abwechslungsreich war die Verwaltertätigkeit allemal, davon weiß auch Clausen zu berichten. Ob die provisorische Baumän- gelbeseitigung, weil bei Neubauten Holzfenster falsch herum ein- gebaut worden waren, die Abdichtung nicht mehr funktionierte und Wasser nach innen lief, oder wenn nach Weihnachten Geschenkpapier und Weihnachtsbäume die Müllabwurfschächte in den Hochhäusern verstopften – ohne die Männer vor Ort ging und geht es nicht. Sie kümmerten sich um die Kontrolle der Not- stromaggregate oder die automatischen Mülltransportanlagen im Keller. Sie schlichteten Streit, wenn nach Partys die leeren Fla- schen durch die Müllschächte donnerten oder wiesen freundlich darauf hin, dass ein Wäschestück pro Maschine bei den Gemein- schaftswaschmaschinen nicht sonderlich ökologisch war. Damals wie heute fungieren die Verwalter als Bindeglied zwi- schen den Bewohnern und der Genossenschaft. Sie kümmern sich auch um die persönlichen Belange der Mitglieder, finden tröstende Worte bei Kummer oder fungieren als Streitschlichter innerhalb der Nachbarschaft. Dass man als Verwalter auch mal dem Tod ins Auge blickt, bleibt dabei nicht aus. Als einmal eine 102-jährige Mieterin verstarb, hielt Schweder aufgrund der de fekten Wohnungstür Wache, bis alles wieder in Stand gesetzt worden war – nicht ahnend, dass er dabei auf einem Koffer mit über 70.000 DM gesessen hatte –, wie sich erst viel später herausstellte. Mittendrin im genossenschaftlichen Leben waren auch die Büros. Das Kellerbüro etwa in der Neuwiedenthaler Straße 82-84 wech- selte nach dem Rückbau des Gebäudes in den Thiemannhof, wo das Souterrain zu einem großen Verwalter-Büro umgebaut wurde, „dem schönsten Büro der Süderelbe“, wie Schweder augenzwinkernd schwärmte. Schweder war selbst in einer Siedlergemeinschaft groß geworden und ging in dem Genossenschaftsprinzip vielleicht deshalb mit Herz und Seele auf. Miteinander reden, Verständnis zeigen für die Belange der Mieter – ob es ein junger Flüchtling aus Eritrea oder Russlanddeutsche waren, die nach der Wende nach Ham- burg zogen, ob alteingesessene Genossen oder junge Familien – allen begegnete Schweder freundlich und auf Augenhöhe. „Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es wieder raus!“. Er wusste immer sehr zu schätzen, wie sehr sich die Süderelbe für ihre Mieter einsetzt – sei es bei der Schaffung von Party- räumen, Saunen oder Aufenthalts räumen für ältere Mieter. Über all die Jahre war die gemeinsame Arbeit mit der tech- nischen Abteilung, früher mit Klaus Schäfer oder in neuerer Zeit mit Kester Portefé, stets von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Das galt ebenso für das Verhältnis zur Geschäftsführung, von Capell über Fricke, der zeitgleich mit Clausen zur Süderelbe stieß, bis zu den Herren Rullmann und Höft. „Ich fühlte mich immer wie ein Unternehmer ohne Risiko“, schwärmte Schweder von den Freiheiten seines Berufes. Sogar bei der Auswahl neuer Mieter wurde er befragt, kannte er die Strukturen seiner Häuser doch am besten. Einmal in der Woche besprachen sich Clausen, Schweder und ihre Kollegen in der Zentrale mit der technischen Abteilung über Ausschreibungen, Angebote, Rechnungen, Preis- verhandlungen und tauschten sich über aktuelle Projekte wie die turnusmäßigen Renovierungen aus. Die Arbeit veränderte sich über die Jahrzehnte. Mit zuneh- mendem Wohnungsbestand, Clausen etwa verantwortete zum Ende seiner Dienstzeit rund 600 Einheiten, nahmen die reinen Hausmeistertätigkeiten ab, die Mieterwechsel, Renovierungen sowie die Büro- und Schreibtischarbeiten hingegen deutlich zu. Gerade die Renovierungen sind eine Never-Ending-Story. „Ich habe wohl jede meiner Wohnungen mindestens einmal angefasst“, erinnert sich Clausen heute. Je komplexer die Arbeit wurde, desto mehr halfen auch in die- sem Arbeitsfeld der Computer und ein Verwaltungsprogramm bei der täglichen Arbeit. Auch wenn Karl-Heinz Clausen nicht mehr so recht warm wurde mit der digitalen Technik, freute er sich jedes Mal, wenn die Süderelbe inhouse oder extern Weiter- bildungen anbot. Den guten Ruf der Süderelbe zu bewahren, aktiv und persönlich bei den Mitgliedern vor Ort zu sein, das waren für beide Hausverwalter Herzensangelegenheiten. Nach seinen 39 Jahren Verwaltungstätigkeit genießt Karl-Heinz Clausen heutzutage die Vorteile des genossenschaftlichen Woh- nens in einem kleinen Haus in der Falkenbergssiedlung, in das er 1996 zusammen mit seiner Frau gezogen war. Heute erfreut sich Clausen am Wohnen im Grünen und an der guten Nachbar- schaft. Oder er besucht seine 101-jährige Mutter, die, ebenfalls Mieterin der Süderelbe, weiterhin allein ihre Wohnung im Twiste- ring bewohnt, dort ihre Runden dreht und das Leben als Teil der Hausgemeinschaft genießt. Im Altenheim seien ihr zu viele Alte, sagt sie. Sicheres Wohnen, langfristige Sicherheit – wer bei einer Genossenschaft wohnt, kann sich glücklich und zufrieden schätzen, finden die Clausens, und wer wollte und will, der kann im Unternehmen richtig was bewegen. 75 Jahre Süderelbe 87